ProjektArbeitstitel

Ana Reinhardt #ProjektArbeitstitel

Ana Reinhardt #ProjektArbeitstitel

Auch heute habe ich wieder eine liebe Autorin für euch: Ana Reinhardt! Wer ist diese mysteriöse Dame mit den süßen Katzenfiguren als Avatar? Lest selbst.

Moin! Ich bin Ana. Schreiben gehört schon sehr lange zu mir, und ohne bin ich nur halb – wenn überhaupt. Beim Schreiben fühle ich mich vor allem da wohl, wo es nachts unter dem Bett flüstert, wo es, im besten Sinne, ungeheuer ist. So ist der Roman an dem ich arbeite auch eine Mischung aus der realen Welt und den Wesen und Phänomenen der Sage, die sich in ihr bewegen, dem Untod und den Wegen der Seelen, die zwischen den Welten festhängen.

Mit dem Schreiben angefangen habe ich schon sehr früh. Bevor ich schreiben konnte, habe ich Bilderbücher gebastelt, und dann, wie auswendig gelernt, immer die jeweils gleichen Geschichten dazu erzählt. Später, als ich sogar eine Schreibmaschine bedienen konnte, gab es einen Roman – eigentlich sogar zwei – über die wir aber lieber den Mantel des Schweigens hüllen wollen. *hust* Lange habe ich Kurzgeschichten geschrieben, vor allem Krimi, Thriller, Mystery… Und Songtexte. (Wer hat das nicht?)

Von meinen Gedichten sind zwei in Anthologien erschienen die allerdings – wenn wir ehrlich sind – eher Geldschneiderei als wirkliche Anthologie waren. Auch das gehört zum Weg als Autor. Hinfallen, Notizen richten, räuspern, weitermachen.

 

Amaranth und andere Projekte

 

Welche Projekte sind gerade in Arbeit? Erzähl uns doch ein bisschen davon!
There are we! Meinen großen Roman würde man wahrscheinlich in Fantasy/Medieval Fantasy einordnen – ich konnte mit solchen Schubkästen und Unter-unter-Schubkästen noch nie was anfangen, also nagelt mich nicht drauf fest. Der Arbeitstitel ist „Amaranth“. Die Urversion ist zwischen 2008 und 2011 entstanden. Dann musste ich alles liegenlassen, weil ich gesundheitlich nicht mehr zu irgendwas in der Lage war. 2014 etwa fing ich mit vertieften Hintergrundrecherchen an, und dann vor etwas mehr als 2 Jahren damit, das alte Skript zu lesen, mit Anmerkungen zu versehen und neu zu schreiben.

Immer Stück für Stück. Dabei ist inzwischen ein Umfang von deutlich über 3.000 Normseiten, a.k.a. >720.000 Wörtern zusammengekommen. Das Urskript existiert handschriftlich in 10 A5-Schreibblöcken. Ich hänge aktuell in Block 7. Und die Geschichte ist noch lange nicht zu Ende… *hysterisches Lachen aus dem off einspielen*

Worum geht es? Nun.

Die Geschichte spielt im Siebenbürgen des 15. und 16. Jahrhunderts. – Wobei ich allerdings eine modernere Sprache verwende, denn ich möchte, dass Dialoge und Innenansichten der Figuren nicht künstlich oder „weit weg“ wirken, und, dass man sich auch als „Eigentlich lese ich nichts historisches“-Leser nicht abgeschreckt fühlt.

Mein Protagonist begegnet den Wächtern der himmlischen Zollhäuser; Das sind Orte aus dem orthodoxen Glaubensbereich, an denen die Seele nach dem Tode vorbeimuss, um in den Himmel zu gelangen. An jedem Haus wird eine andere Sünde verhandelt und gewogen. Kann man sich nicht ausreichend verteidigen, und die Sünden mit guten Taten aufwiegen, wird man in den Abgrund geworfen. Mein Protagonist kann sich entscheiden, bei den Wächtern zu bleiben und unter ihnen zu dienen, oder zurück in die Welt der Lebenden zu gehen. Bei den Wächtern zu bleiben würde aber auch bedeuten, über Seelen zu richten und sich zur Hälfte dem Bösen zu verschreiben; denn sie stehen mit einer Hälfte bei Gott, mit einer im Schatten. In die Welt der Lebenden zurück zu gehen allerdings birgt für ihn Gefahren, da er selbst ein strigoii vii ist – also jemand, der nach dem Tod als Wiedergänger erscheinen muss, zu Lebzeiten aber bereits bestimmte, i.d.R. schadenbringende, Kräfte hat.

Es geht um Schuld und Unschuld, den Glauben an Untote und was mit der Seele passiert, wenn sie zwischen den Welten bleibt, und weder zurück noch hinüber kann.

Was ist gut? Was ist böse? – Und was macht die Dinge dazu?

Mir ist wichtig, dass ich den Wesen die im Buch vorkommen, den Vorstellungen zu Untod und Übernatürlichem, gerecht werde. Sie sind alle dem realen Volksglauben, den Mythen und Sagen der Region entnommen. Der Schatz an Material, wenn auch nicht ganz so leicht zu heben, ist enorm reich und vielfältig. Man könnte sicher ein oder zwei Leben lang nichts anderes studieren. Ich möchte diese Vielfalt abbilden, und Details gut in die Geschichte einarbeiten. Beispielsweise die Kämpfe der strigoii in der Andreasnacht sind sehr interessant (Siehe auch: le Leseprobe). Laut dem überlieferten Glauben treffen die strigoii sich einmal im Jahr, und entscheiden im Kampf, wer für das kommende Jahr ihr Anführer wird, und wer in den folgenden Monaten welchen Schaden anrichten darf. Das macht sich natürlich großartig für einen Roman!

Zum anderen sehr wichtig für mich; glaubwürdige, individuelle, Figuren. Sie sollen wirklich lebendig wirken, und nicht nur Pappkameraden sein, die ich durch die Kulisse schiebe.

Wie schauen die Pläne für dein Projekt aus?
Veröffentlichung. Eines, hoffentlich nicht zu fernen, Tages das Buch im Laden besuchen gehen. Da will ich hin. Angepeilt ist, dass ich den Weg über eine Agentur wähle. Bevor ich mich aber an Bewerbungen setze, ist noch viel Land. Der Roman wird mich noch einige Jahre begleiten, so viel ist sicher. Wenn ich auf dem Weg vielleicht in der einen oder anderen Anthologie landen würde, wäre das natürlich schön. Mal das Gesicht in die Welt halten und nett winken. Aber ich suche nicht intensiv nach Ausschreibungen. Meine Energie brauche ich für den Roman, da bin ich konsequent.

Magst du uns verraten, was für Ideen evtl. noch in der Schublade schlummern?
In den Giftschränken lagern noch verschiedene andere Ideen. Ich möchte zwei kurz anreißen. Beide haben, interessanter Weise, gar nichts mit Übernatürlichem zu tun.

Ein Konzept handelt von zwei Figuren die beide, im Affekt, jemanden töten, sich gegenseitig helfen die Taten zu vertuschen – und nach und nach beginnen auch in anderen Fällen Selbstjustiz zu üben. Sie verlieren die Kontrolle, und aus bösen Denkzetteln werden Morde. Aber; es ist ihnen jemand auf der Spur.

Ein anderes Konzept handelt von einem kleinen, mies ausgestatteten, archäologischen Institut. Dieses Projekt ist wesentlich weniger ernst als andere. Zwar gibt es auch in meinem großen, mehrbändigen Roman Humor, aber hier wird es insgesamt doch wesentlich entspannter und witziger zugehen.

 

Schreiballtag

 

Was ist deine größte Herausforderung im Schreibprozess?
Recherche. Ganz klar. Die Quellenlage ist oft schwierig (vor allem auch deutschsprachige Quellen, aber nicht nur). Eigentlich brauchst du einen Navigator, wenn du mythologisch in die Tiefe gehen willst, und erstrecht einen, wenn es um die historischen Aspekte geht. Zwischenzeitlich kann ich Kontakte auftun, die weiterhelfen, aber das hält meist nicht lange an, weil man im Uni-Betrieb und der eigenen Forschung, die natürlich die höhere Priorität hat, einfach zu eingespannt ist. Es kam aber auch schon öfter vor, dass ein Kontakt mir sagen musste, „Sorry, das weiß ich nicht.“ oder – Horror! – „Dazu gibt es keine Forschung.“ Letzteres habe ich erst vor einigen Wochen wieder erlebt, als es um die Geschichte der Homosexualitäten ging, bezogen auf die für mich interessante Region Siebenbürgen/Ungarn. Da muss man dann sehen wie man dem Aspekt trotzdem gerecht werden kann.

Eigentlich bräuchte ich einen Assistenten, jemanden der mir helfen kann Quellen zu finden. (Freiwillige vor! 😉 )

Hast du eine Schreibroutine?
Meine Routine sieht vor, dass ich Montag bis Freitag nachmittags am Rechner hocke und arbeite. Wie weit ich komme ist immer so eine Frage der Energie und wie viele Symptome mir auf die Tastatur springen. Schreiben/Recherchieren/Auswerten zu verteilen, und allem genug Platz einzuräumen, ist eine ziemliche Axt. Mein Schnitt liegt sehr unterschiedlich, was den Wordcount angeht. Irgendwas zwischen 1.300 und 2.000. An sehr guten Tagen habe ich aber auch schon über 2.500-3.000 geschafft. An schlechten Tagen keine 1.000. Es ist schwierig. Ich weiß selbst, dass meine Ansprüche an mich in der Regel zu hoch sind, und ich mich nicht stressen sollte. Aber… Es frustriert einen schon, wenn man merkt, dass man nicht so kann wie man will.

Aktuell wechsle ich Recherche und Schreiben oft ab, um voran zu kommen. Routine finde ich, allgemein, sehr wichtig. Es hilft einem das Gefühl für Handlungsbögen, Figuren und Anschlüsse nicht zu verlieren. Grundsätzlich gilt ja: Read a lot and write a lot. Man sollte aber auch, so toll Routine ist, nie aus den Augen verlieren, dass Schreiben und Lesen vor allem eines sollte; Spaß machen. Man sollte Freude daran haben, und sich auch Pausen erlauben, wenn es einfach grad nicht passt und man keinen Bock hat. Sich zu zwingen ist kein guter Weg.

Welchen Tipp würdest du deinem Vergangenheits-Ich geben, das gerade mit dem Schreiben anfängt?
Schreib. Schreib, erzähl die Geschichten wie DU sie fühlst, hab Vertrauen in deine Fähigkeiten. Lass dir keine Scheiße erzählen, lass dir nicht reinreden. Die soll ‘n ma alle schön in ihrn Bart brabbeln, lass dir nich verrückt machen.

 

Motivation

 

Hast du Vorbilder bzw. Menschen, die dich inspirieren und motivieren?
Weniger. Es gibt da niemanden bei dem ich sagen könnte: Das ist ein Vorbild.

Was sind deine Wünsche und Ziele für die Zukunft?
Ich wünsche mir, dass ich gut mit dem Skript vorankomme, die Geschichte (so, dass ich wirklich glücklich damit bin), noch vor meinem 40. Geburtstag abschließen kann, und bei einem Verlag lande, der mich wirklich unterstützt. Dass der Roman seine Leser und seinen Erfolg findet, und ich das Schreiben zum Beruf machen kann.

Für jetzt wünsche ich mir, dass die Recherche besser läuft, und ich finde was ich brauche.

Was war dein schönster Autor*innen-Moment bisher?
Einen einzelnen kann ich da nicht aussuchen. Für mich ist es schön, wenn „tha Magick“ ihre Wirkung tut; wenn ich auf ein Detail stoße, dass wirklich gut passt/Dinge erklärt, wenn ein Dialog wirklich sitzt… Die kleinen-großen Momente, wenn du einfach merkst „Es passt“. Sehr gut war auch das positive Feedback, das ich auf eine 30-seitige Textprobe bekommen habe – und dass die Tochter einer Bekannten ein Bild zu eben jener Textprobe gezeichnet hat. THE FAME, THE FAME! 😀

 

Eine kleine Kostprobe…

„Das Schlachtfeld am Ende der Welt glich einer sehr weiten, flachen Schale. Das Gelände hob und senkte sich nur wenig. Bot keine Schlupfwinkel, kein Zeichen von Leben. Nur auf dem Rand der Schale versammelten sich einige der trostlosen Bäume, und ihres eigenwilligen, glasartigen Laubs. Ein Wald aus Pfählen.

Und Nebel. Dichter Nebel, in dem die Wächter der Schlacht warteten. Es hieß, dass es lediglich die Wächter der Zollhäuser waren, die dort umhergingen. Hin und wieder tauchte, langgezogen und verzerrt, einer von ihnen auf. Schemenhaft. Nicht mehr als ein Phantom, Schatten, gebrochen in tausenden und abertausenden Nebeltropfen. Hin und wieder aber hörte man auch ein tiefes Grollen und Rufen in den grauen Schleiern. Nicht menschlich, nicht von einem Tier. Es hallte nach, breitete sich aus und versank. Ein Gespan hatte es einmal mit dem Klagen von Walen verglichen. Riesenhaften Fischen, die in den Meeren lebten. Nur härter war der Ton. Kantiger, wie aus besonders schwerem Holz geschnitten. Mancher meinte zu erkennen, wie sich etwas Großes hinter den Nebeln bewegte. Es blieb darin. Niemand hatte es je tatsächlich gesehen.

Die Kämpfer versammelten sich.

Man sah abgerissene Vukodlaks, Hexen in ihren Sieben und Fässern, einen Bischof mit seinem abgebrochenen Stab und einer mottenzerfressenen Mitra auf dem Kopf. Ein Aufhocker saß auf dem Buckel irgendeines armen Wanderers und zerrte ihn am Kragen, als sei es ein Zaumzeug. Scharen von Toten, Dienern der Künste, Verlorenen fand sich zu kleinen Trauben und langgezogenen Linien zusammen. Eine Strigoaică ritt hastig an Dragoș vorbei und drängte sich an ihre Position. Ihr Ziegenbock schlug aus wie ein feuriges Pferd.

Und da kam die Ertrunkene.

Es war das dumpfe Knarren von Schiffsplanken, dass sie ankündigte. Nicht wenige reckten die Köpfe nach ihr. Wichen vor dem Gefährt zurück, dass über die rote Erde zog. In weichen, losgelösten Bewegungen zog das Gerippe eines Schiffes heran. Unsichtbare Wellen ließen es dem Heer von Geistern zunicken. Viele seiner Planken waren verrottet, sein Mast gebrochen. Die Fetzen des Segels wogten, als wäre es noch immer von Wasser umspült. Seine Besatzung bestand aus zwei Handvoll Männern in zerschlissenen Kleidern. Einem fehlte ein Auge. Einem ein Arm. Ihre Gesichter waren aufgequollen. Mit langen Staken bewegten sie ihr Gefährt über die Ebene. Vorn am Bug stand die Ertrunkene. Sie sehnte nach ihrer Erlösung. Wie eine Königin sah sie auf die Gestalten herab, die sich zu den Seiten drückten, als das Schiff durch ihre Reihen zog. Gemächlich, in Gewässern, die niemand außer ihm berühren konnte. Geschickt drehten die Männer den hölzernen Leib, bis er hinter Dragoș angelangt war. Der durchlöcherte Bug ragte drohend hinter ihr auf. Sie drehte sich im Sattel und sah zur Ertrunkenen auf. Ihr mattes Gesicht trug einen Schimmer von Zuversicht.“

 

*Gespan: von ungarisch „ispán“, der oberste Verwaltungsbeamte eines Komitats, einer Verwaltungseinheit vergleichbar etwa mit einem heutigen Landkreis

 


Ana Reinhardt

 

Bisher ist noch keine Veröffentlichung geplant.

Eine Übersicht aller Teilnehmer*innen findet ihr bei #ProjektArbeitstitel – Was ist das?


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