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365 Days – Der Rant zum Film

365 Days – Der Rant zum Film

…oder wie ich es liebevoll nenne: „Wenn du Dark Romance auf Wish bestellst“

Obacht, dies ist ein Rant. Und: Ich beziehe mich hierbei nur auf den Film!

Dieser Beitrag enthält Spoiler

CN toxische Beziehung, beinahe Vergewaltigung, Gewalt, Drogen

Dark Romance und toxische Beziehungen – Vorgeplänkel

Dark Romance ist als Genre ziemlich verrufen. Vergewaltigung, Gewalt in Beziehungen, toxische Beziehungen mit Machtgefälle und Grenzüberschreitung, ein eingestaubtes, heteronormatives Weltbild oder Klischees, (meist vollkommen falsche Darstellung von) BDSM. Das mag nicht auf alle Bücher aus diesem Bereich zutreffen, ist aber gleichzeitig wohl auch ein Reiz dieses Genres. Ich kenne viele Leute, die diese Literatur/diese Medien kategorisch ablehnen und ich kann die Gründe auch ein stückweit nachvollziehen. Aber ich weiß auch, dass ich selbst zwischendurch sehr gerne diese Art der Geschichten lese. Dass ich bösartige Villains romantisiere und anhimmele. Auf einer Fantasiebene mit der klaren Bewusstheit, dass das Arschlöcher sind, um die ich im realen Leben einen großen Bogen machen würde.

Ich persönlich finde es vollkommen okay, solche Geschichten zu schreiben, das zu lesen oder zu konsumieren und sich dadurch unterhalten zu fühlen. Es gibt vermutlich diesen Teil der Leser*innen, die das nicht von der realen Welt und ihren Wünschen trennen können. Aber es ist ein bisschen wie mit Pornos – man gibt nicht so gerne zu, dass man das wirklich guckt oder liest. Was ich schade finde, denn ich glaube dieses Totschweigen und Schämen ist ein Grund, dass solche Stoffe im Stillen konsumiert werden ohne sich tiefer damit auseinanderzusetzen und so auch von den toxischen Aspekte distanzieren zu können. Sehr spannend fand ich dazu zwei englischsprachige Artikel, einmal von Natasha Vargas-Cooper für Jezebel und von Gina M. Florio für Bustle.

Ich bin kein Fan davon, wenn solche Titel im Jugendbuchregal stehen oder als softe Romance mit pastellbunten Covern verkauft wird, die eigentlich Blümchen und Zucker versprechen. „Der ärgert dich, weil er dich mag“ schwingt da oft mit. Die Grenzen zwischen Dominanz und Übergriffigkeit verschwimmen. Und ich glaube, das ist oft der Knackpunkt. Ich gehe da sehr mit dem Tagging System, beispielsweise von Archive Of Our Own (AO3) d’accord, das ein sehr feines Kennzeichnen und Taggen seiner Stories erlaubt und wünscht. Schreib was du willst, aber verkauf es auch als das, was es ist.

Ich fühle mich von diesen Dynamiken oft gut unterhalten und finde es spannend, wie es letztendlich aufgelöst wird und ob sich die Dynamik im Laufe der Geschichte verändert. Allerdings habe ich nun auch schon viele dieser Titel gelesen, in denen es den Autor*innen oder Regisseur*innen nicht gut gelungen ist, dieses Genre einfach klar von einer „normalen“ Romance abzugrenzen. Ergebnis: Viel Cringe und Ärger. Aber manchmal bin ich auf Krawall gebürstet.

Also habe ich mir den vielgehassten geistigen Nachfolger von „Shades of Grey“ auf Netflix gegeben.


Der Film 365 Days

365 Days ist ein polnisches Erotikdrama, das auf einem Roman der Autorin Blanka Lipińska basiert.

Die Handlung – von mir zusammengefasst

365 Tage von Blanka Lipinska

Ein italienischer Mafioso entführt eine Frau namens Laura, die er vor einigen Jahren am Strand gesehen hat und die bei seinem Beinahetod wie ein engelhaftes Lichtbild durch seinen Geist geschwirrt ist. Sie soll 365 Tage bei ihm bleiben und wenn sie sich danach nicht verliebt hat, darf sie gehen. Warum Massimo das nötig hat, ist mir nicht ganz klar, aber naja tragische Backstory und so. Man kennt es.

Er sagt auch sehr oft „Are you lost, baby girl?“ und es ist auch beim dritten Mal noch genauso cringey. (Danke Nora, für die Erinnerung… xD)

Jedenfalls bleibt sie dann irgendwie bei ihm, weil ihr Ex sie eh betrogen hat und sie ist ja eine toughe Frau wie wir aus einer Szene vom Anfang wissen mit Herzschwäche, die irgendwann aber komplett ignoriert wird. Auch mit Handy und Internetverbindung ruft sie niemanden zuhilfe und bleibt da. Er kauft aber auch ziemlich viel ein und sie zieht sich aufreizend an, um ihn zu verärgern. Er rettet sie dann vor einigen schmierigen Typen, sie fliehen(?) auf eine Yacht, aber nicht so wirklich, korpulieren, sind verliebt, gehen shoppen (Generell werden in diesem Film sehr viel sexy Klamotten und hohe Schuhe geshoppt).

Dann muss Laura zurück nach Polen, weil es doch Beef mit der verfeindeten Mafia und der Ex von Massimo gibt. Sie geht mit der besten Freundin auf Sauf und Kosmetiktour und färbt sich die Haare um. Aber Massimo reist ihr ziemlich flott hinterher, es gibt einen Minifight mit Lauras Ex, dann haben sie wieder Sex. Laura meint dann gehaltvoll „Ich brauche keine 365 Tage. Ich bin in dich verliebt“, ist schwanger, sagt es ihm aber nicht. Als sie zurück in Italien ist und mit ihrer besten Freundin aka Saufkumpanin die Hochzeit vorbereiten will, fahren sie in einen dunklen Tunnel. Dann wird viel telefoniert und ach du kacke, sie wurde wohl doch umgelegt. Massimo steht schockiert in seinem Garten. Roll the Credits!

(Aber man arbeitet wohl schon an eine Forsetzung und die Reihe hat 3 Bände, also hat Laura vermutlich überlebt. Na sowas.)

Und wie fandest du es, Babsi?

Naja. Es ist ein EROTIKDRAMA und irgendwie hat es der Film geschafft beides zu versemmeln?

Ich muss dazu sagen, ich habe echt ein bisschen einen Faible für Mafioso-Geschichten, Gangs, Syndikate und so. Deswegen habe ich mir diesen Film wohl auch gegeben trotz all der miesen Kritiken und Rants.

Die Schauspieler*innen fand ich in ihrer Besetzung eigentlich ganz gut und ich fand die Chemie hat gepasst. Am Anfang haben Massimo und Laura sich viel „gekabbelt“, Massimo war der starke Typ, der Laura nicht gegen ihren Willen anfassen will. Sie soll ihn darum anbetteln und sich „ordentlich“ in ihn verlieben. Ich habe in diesem Film nicht nach Logik gesucht, ich hätte Massimo sicher nicht abgelehnt wenn er mich auf ne Pizza eingeladen hätte und nicht auf ne Portion Chloroform – und Laura sicherlich auch nicht.

Pizza ohne Teig und Tomatensoße und Belag 🙁

Aber dieser Mafiaaspekt war im Film sowas von hintergründig? Am Anfang wurde kurz jemand erschossen, ab und zu hat im Hintergrund jemand gekokst oder böse dreingeschaut. Massimo hat immer betont wie gefährlich alles ist und Laura dann doch überall hin mitgeschleppt. Als der eine Dude Laura in der Disco betatschen wollte, hat Massimo ihm in die Hand geschossen. Aber danach war sofort Cut rüber zu einer friedlicheren Szene. Auch die Ex, die Laura mit dem Tod bedrohte – ein Miniauftritt, dann Stille.

Es gab keine Fights, keine Schießereien, nur ganz subtile Andeutungen und stattdessen jede Menge „Oh Massimo ist so reich und Laura stehen all diese Kleider wirklich sehr gut“ Szenen. Wo war mein Dark Aspekt? Mein Drama, meine Momente zum Luft anhalten, die Momente, in denen Laura noch fliehen will oder nach einem Ausweg sucht? Wo war die Action, das Gefühl von Bedrohlichkeit und Gefahr? Stattdessen bekam ich Sex and the City Vibes ohne Humor.

War’s wenigstens heißer Scheiß?

Knistern? Eher verglimmende Glut als Lagerfeuer

Die Erotikszenen – das Herzstück des Films! – wirkten auf mich unglaublich flach. Nicht ganz so flach wie die Story, aber die Hauptdarsteller*innen hatten eigentlich eine gute Chemie. Dafür fand ich die Sexszenen teilweise schlecht getimed, schlecht choreografiert. Die Szenen, in denen sie keinen Sex hatten, sondern wie Tiger umeinander geschlichen sind, waren da tatsächlich heißer. Die Beleuchtung und die Perspektiven sollten schon irgendwie künstlerisch sein… aber irgendwie fühlte es sich halbgar an.

Dieser Moment, in dem Massimo und Laura endlich intim werden, wurde mit lauter Musik überspielt. Nur ganz leise wurde etwas Stöhnen und Murmeln eingespielt. Kein Dirty Talk, kein sexy Bettgeflüster, nichts von dieser Erlösung der angestauten Spannung, keine Zärtlichkeit oder Liebe. Es fühlte sich unbefreiend und unbefriedigend (lol) an, weil dieses Knistern nicht genutzt wurde. Nur schnelles Rein Raus, ein paar Shots per Drohne von oben auf die fancy Yacht mit Exklusivblick auf Massimos Popo, zack over. Generell war der Fokus sehr auf seine Befriedigung gerichtet. Gähn. Außerdem war danach nur noch sehr wenig von diesen Neckereien und dem hitzigen Schlagabtausch da, weil sie einfach in love™ und voller harmonie waren.

Ich weiß, ich weiß – es ist ein Erotikfilm, der Typ hat ganz viel Geld und sieht gut aus und hat ne Villa in Mailand – aber es gab nach den ersten Sexszenen wirklich keine wirklichen Gespräche oder Dialoge mehr. Und die Sexszenen haben es nicht geschafft, diese große Intimität einzufangen, die zwischen Massimo und Laura herrschen sollte? Dass sie einander ergänzen und sich gut tun? Am Anfang wurde das ganz leicht angedeutet und ging dann komplett in Äußerlichkeiten unter.

Fazit

Wir haben eine toxische und gleichzeitig sterbenslangweilige Beziehung, Fast-Vergewaltigung, ein paar Neckereien und dann animalisches Techtelmechtel und Liebe™, die hauptsächlich auf Shoppingtrips und Luxusausflügen auf der Yacht besteht. Es war weder Dark, noch Romance, nicht erotisch oder dramatisch, weder spannend, noch düster und gritty, noch romantisch und nicht mal wirklich unterhaltsam.

Ich würde mich gerne mehr über gewisse Aspekte aufregen, aber ich rege mich hauptsächlich auf, weil der Film einfach übelst öde war.

Wenn ich so drüber nachdenke war zumindest der Soundtrack ganz nice.

Kommt an Bord:

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