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[Rezension] Alles. Nichts. Und ganz viel dazwischen von Ava Reed

[Rezension] Alles. Nichts. Und ganz viel dazwischen von Ava Reed

Ich betreue in unserem Buchladen u.a. das Kinder- und Jugendbuchregal. Gerne hole ich mir dabei Inspiration von Booktube, Bookstagram und Booktwitter. Melody Of Books schaue ich schon lange, wenn auch eher unregelmäßig. In ihrem Lesemonat März stellte sie ein paar Bücher vor und eines, das ich ohnenhin schon auf dem Schirm hatte. Ihr habt es geahnt: „Alles. Nichts. Und ganz viel dazwischen“ von Ava Reed. Also bestellte ich es für die Buchhandlung, schmökerte rein, kaufte es und schmökerte es am selben Tag zu Ende.


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  • Titel: Alles. Nichts. Und ganz viel dazwischen.
  • Autorin: Ava Reed
  • Verlag: ueberreuter
  • Genre: Jugendbuch, psychische Gesundheit
  • 320 Seiten, E-Book: 14,99€ | geb.: 16,95€
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Worum geht’s?
Leni ist eine ganz normale Jugendliche, glücklich mit Freunden und auf dem Weg zum Abitur. Doch im letzten Schuljahr passiert etwas, dass Lenis Gefühle durcheinander würfelt. Plötzlich ist da Leere, Traurigkeit und jede Menge Angst. Es wird ein Spießrutenlauf bis Leni endlich die Therapie bekommt, die sie braucht. Doch die Angststörung klammert und Leni hat sich festgefahren in ihren Mustern. Erst als Matti in die Klinik kommt, beginnt Leni, sich zu verändern.


Meine Meinung:

Vorweg eine kleine Triggerwarnung, die sich auch im Buch findet: Das Buch behandelt Themen wie psychische und körperliche Erkrankungen, Depression, Panikattacken und den Aufenthalt in einer psychosomatischen Klinik.

Das Buch besticht zuerst natürlich durch das wundervolle Design. Die Farben, Lichter und Gestaltung ist wunderschön. Innen drin sind vereinzelt Tagebucheinträge, die von Ava Reed selbst geschrieben und illustriert wurden. Das verleiht dem Buch noch eine Spur mehr Realität. Tatsächlich ist auch Lenis Geschichte selbst so erschreckend(?) real.

Ava Reed hat Lenis Entwicklung sehr gut dargestellt. Als Leserin fühlte ich mich Leni so nah, hab mitgelitten und für sie gehofft. Angsstörungen sind neben Depressionen die am häufigsten diagnostizierten psychischen Erkrankungen. Wie auch im Buch gehen sie oft Hand in Hand, im Fachjargon nennt man das „komorbid“. Die Beschreibungen von Lenis Gefühlen und Ängsten fühlten sich sehr glaubwürdig an. Sowohl aus persönlicher Perspektive als auch mit meinem kritischen Psychologie-Studi-Blick.

Dass das Buch sehr persönlich ist, auch wenn die Geschichte von Leni erfunden ist, kann man im Nachwort lesen. Auch dieses Nachwort enthält nochmal wichtige Botschaften und ermutigt, sich Hilfe zu suchen. So eine Art Nachsorge finde ich bei Büchern zu solchen Themen unfassbar wichtig.

Lenis Spirale

Wir starten mit Leni als fröhlichem Mädchen mit Freunden und dem Weg zum Abitur. Doch dann kommt die Angst. Übel, Schwindel, Panikattacken. Ihr Umfeld ist machtlos, doch ihre Eltern sind sehr engagiert, kümmern sich aufopferungsvoll und besuchen mit ihr mehrere Ärzte. Da gab es ein paar echte Idioten, die Leni nicht ernst nahmen und mich beim Lesen so wütend gemacht haben. Doch Ava Reeds Ziel war es nicht, Ärzte oder Psychologen zu verunglimpfen. Denn es gibt sie, die Lenis Problem erkennen und sie bestärken, die sich kümmern und auskennen. Sie bekommt ihre Diagnose – und damit beginnt die zweite große Hälfte des Buches.

Leni kommt in eine Klinik, in der sie andere Jugendliche trifft, die ähnliche Probleme haben. Anna, die Depressionen hat und Philip, der an Magersucht leidet und aufgrund seiner Homosexualität starke Selbstwertproblem entwickelt hat. Beide sind für meinen Geschmack etwas kurz gekommen. Sie haben zwar wichtige Schlüsseldialoge mit Leni, wir erfahren auch am Ende wie es mit ihnen weiterging, aber mehr so im Nebensatz. Das fand ich sehr schade.

Matti hingegen kommt in die Klinik, weil er sich mit Rasierklingen geschnitten hat. Nicht, weil er sich umbringen wollte, sondern weil er an einer seltenen Erkrankung leidet. Diese lässt ihn weder Schmerz, noch Hitze und Kälte fühlen. Aus Angst, dass er sich verletzt, lässt ihn seine überfürsorgliche Mutter kaum aus dem Haus. Kaum in der Klinik will Matti endlich die Chance nutzen und die Welt erkunden. Er unternimmt einen Fluchtversuch, wird jedoch zufällig von Leni gefunden. Die beiden werden erwischt und bekommen ordentlich Ärger.

Matti sagt einige sehr unsensible Dinge zu Leni, doch in der gemeinsamen Zeit entwickeln sie mehr Verständnis füreinander. Auch wenn die Klinik nicht als Ort des Grauens dargestellt wird, wenn das behandelnde Personal nett und fürsorglich ist – Mattis Entschluss steht fest. Er will raus aus dieser Klinik. Und ein Teil von Leni möchte mit. Die Zeit in der Klinik ist durch Aufs und Abs geprägt, durch interessante Gespräche und Selbsterkenntnis.

Matti will Meer

Die Psychologin von mir und auch mein braves Ich halten das für die beschissenste Idee überhaupt. Ich hatte auch ehrlich Sorge, dass die beiden sich verlieben, diese Reise unternehmen und danach auf magische Weise geheilt sind. Doch das passiert nicht. Fettes Danke an Ava Reed. Wie das Buch weitergeht, werde ich an dieser Stelle natürlich nicht verraten. Nur soviel: Auch, wenn einige eher unrealistische Dinge passieren, lösen sich die Krankheiten und Probleme nicht in Luft auf. Aber der Kurs steht auf Hoffnung.

Insgesamt fand ich die Geschichte unglaublich gut. Ich habe das Buch an einem Tag gelesen, das sagt auch einiges aus. Der Schreibstil ist angenehm lesbar. Die Geschichte wirkt persönlich, emotional und ist doch behutsam erzählt. Ava Reed hat mit diesem Buch ihr Fingerspitzengefühl und Emotion bewiesen. Für ein jüngeres Publikum ist dieses Buch wunderbar geeignet, um psychische Erkrankungen besser zu verstehen. Um die Angst davor zu nehmen. Um sich ermutigt zu fühlen, Hilfe zu suchen und sich seinen Freunden anzuvertrauen. Und das sind unfassbar wichtige Botschaften!

 

Fazit:

Danke, Ava Reed, für dieses Buch. Die einfühlsam erzählte Geschichte von Leni, ihrer Angsstörung und dem Weg der Besserung bieten einen tiefen Einblick in eine jugendliche Seele. Das Buch erzählt eine wichtige Geschichte auf unterhaltsame und doch sensible Art und Weise. Nicht alles an dem Buch ist total realistisch, vieles ist hoffnungsvoll und ein bisschen idealisiert worden. Doch es ist real genug, um zu berühren und zu bewegen. Und fantasievoll genug, um Hoffnung zu schenken und das schwere Thema angenehm aufzuarbeiten. Lediglich von den Nebencharakteren, die mir etwas zu sehr instrumentalisiert wurden, hätte ich mir mehr gewünscht. Von mir gibt es 4 Sterne und eine dicke Leseempfehlung!

 

Weitere Meinungen:

 


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