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[Rezension] Höllenkönig von James Abbott

Was für ein cooles Cover, was für ein schneidiger Titel, was für eine coole Prämisse! Raubeinige Kerle brechen aus dem Gefängnis aus und stellen das Königreich auf den Kopf. Das musste ich einfach als Rezensionsexemplar anfragen, auch wenn ich bei sehr dicken Fantasyschmökern immer etwas vorsichtig bin (Danke ans Bloggerportal und den penhaligon Verlag). Ob es so höllisch gut war wie erwartet?

James Abobtt – Höllenkönig


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  • Titel: Höllenkönig
  • Autor: James Abbott, aus dem Englischen übersetzt von Ole Johan Christiansen
  • Genre: High Fantasy
  • Verlag: Penhaligon Verlag
  • 601 Seiten, Paperback: 16€, Ebook: 12,99€ | auf amazon* anschauen

Worum geht’s?
Meisterspion Landril sucht im berüchtigten Gefängnis Höllenfeste den Krieger Xavir auf, der als ungekrönter Herr des Knasts hoch oben in den Bergen gilt. Aufgrund seiner blutigen Vergangenheit hat er starke Schuldgefühle und wagte nie einen Ausbruchsversuch. Doch die Kunde von Landril lässt Xavir neuen Willen schöpfen und gemeinsam mit den besten Kriegern aus der Höllenfeste wollen sie den Ausbruch wagen und den despotischen König schützen. Zeitgleich fliehen zwei Hexen aus dem vom König annektierten Zirkel und ihre Wege werden sich bald mit dem der Krieger kreuzen.


Meine Meinung:

Der Prolog war total vielversprechend. Spannende, blutige Schlachten und schwerwiegende Fehlentscheidungen. Das Buch ging sehr gut los und flachte extrem ab. Mit einem kleinen Höhepunkt in der Mitte und danach wieder wenig wirklicher Spannung. Auch das Gefängnis kam mir fast schon zu kurz.

Die 601 Seiten haben sich nicht gezogen – aber richtig gefesselt war ich auch nicht. Der Schreibstil war gut zu lesen, die Beschreibungen toll, die Geschichte voller Potenzial. Aber woran ist es dann gescheitert?

Cool, cooler, Xavir. Naja. Cool, abgebrüht und stark soll unser Protagonist Xavir Argentum ein legendärer Krieger rüberkommen, der eine alte Schuld aus der Vergangenheit mit sich trägt. Hinter der kühlen Fassade brodeln Hass, Rachegelüste und nagende Zweifel. Die halten ihn aber selten davon ab, einen kühlen Kopf zu bewahren und richtig zu handeln. Dabei fährt er durchaus eine grausame Linie – aber alle liebe ihn trotzdem irgendwie dafür. Er ist ja ein legendärer Krieger und seine Schwerter und Kampftechniken sind einsame Spitze!

Wie ihr vielleicht aus diesen oberen Zeilen erahnen könnt, bin ich mit Xavir nicht warm geworden. Zu perfekt, zu Gary Stu, zu intelligent und perfekt hat er gehandelt. Alles, was er anfasste, funktionierte und auch seine tragische Vergangenheit hat nicht wirklich dafür gesorgt, dass wir mit ihm mitfiebern konnten.

Meh…

Das fasst auch den größten Minuspunkt des Buches zusammen: Oberflächliche Charaktere. Zusätzlich läuft fast alles glatt. Jedes Hindernis wird mühelos aus dem Weg geräumt, ab und zu geht ein unwichtiger Nebencharakter drauf, der zumindest einen Namen und eine einzelne Charaktereigenschaft erhalten hat, um den Anschein zu erwecken, er könne wichtig werden. Auch Meisterspion Landril mindert regelmäßig die Spannung, denn er nimmt so viele Informationen vorweg, dass wir in den nächsten Kapiteln oft kaum überrascht sind.

Hinzu kommt bis auf den oben genannten Prolog und einige Kapitel in der Mitte, als es zu General Havinirs Feste geht, ein übermäßiger Einsatz von „Tell“ anstelle von „Show“. Wir bekommen das meiste beiläufig erzählt. Wird in einer Satzhälfte etwas Gruseliges oder Schreckliches angekündigt, wird es in der zweiten Satzhälfte weggewischt.

Gegen Ende wären viele Möglichkeiten für schreckliche Offenbarungen und Nervenkitzel gewesen, stattdessen sind wir als Leser irgendwie außerhalb der Geschichte. Es liest sich wie ein Zeitungsbericht oder ein Artikel und das ist so schade! Denn im Prolog und einigen von Elysias Kapiteln hat es wunderbar geklappt, wir waren mittendrin, bangten und es war nicht sicher, ob alles gut läuft.

Xavir, Landril und Valderon hingegen waren ZU souverän, ZU cool. Ich nehme Xavir den gebrandmarkten und angeschlagenen Krieger nicht ab, er ist zu roboterhaft, lässt sich zu selten von seinen Gefühlen übermannen. Das strategische Vorgehen läuft immer wie geplant und wenn nicht, ist Rettung sofort nahe.

Viel Potenzial, das nicht genutzt wurde

Wir haben coole Stammeskrieger und seltsame Flügelwesen, magisch-mysteriöse Feinde und allerlei Potenzial. Und allzu oft hören wir nur Berichte und Strategien, die aufgehen. Dazwischen sind immer mal Kapitel, die sich wie ein Videospiel à la Witcher oder Dragon Age lesen und Hoffnung machen, dass es endlich brenzlig wird. Und dann fühlt es sich an, als würde man als übermächtiger Charakter am Ende des Spiels auf eine wehrlose Topfpflanze einschlagen. Öde.

Der „Plottwist“ am Ende und das Finale haben mich laut seufzen lassen. Unglaubwürdig, unspektakulär und viel zu mickrig im Vergleich zu anderen Kämpfen und Schlachten im Buch. Dafür, dass wir knapp 550 Seiten darauf hin arbeiten, endlich den tyrannischen König zu stürzen und hinter das Geheimnis der Voldirik zu gelangen, war das einfach zu wenig. Es hätte dramatischer sein können! Stattdessen ist Xavir wieder cool und es gibt kaum Gegenwehr und alles klappt irgendwie und die Verluste sind überschaubar… Menno!

Obwohl Elysia ziemlich cool ist und es vielleicht einen Folgeband gibt, der ihren weiteren Weg beschreibt, weiß ich nicht, ob ich das lesen möchte. Ihre Beziehung zu Xavir war jedoch anders als anfänglich erwartet und das fand ich interessant.

Der Schreibstil, die Ideen und auch der Weltenbau von James Abott sind wirklich super. Auch seine strategischen Schlachten und die Kampfbeschreibungen will ich positiv hervorheben. Der Einsatz von Magie, das Vordringen der verschiedenen Kämpfergruppen – super. Ausgeklügelt wie eine gute Partie Schach.

Aber die Umsetzung ist teilweise so schlecht, dass ich nur mit dem Kopf schütteln möchte. Ich will nicht nur erzählt bekommen, welch grausame Dinge der König und die Voldirik gemacht haben, ich möchte das aus den Augen eines Beteiligten wissen oder mit den Charakteren Stück für Stück aufdecken, welche Grenzen der menschlichen Moral überquert wurden. Nicht ein Nebensatz von so nem namenlosen Boten auf so nem doofen Gaul! Rrrrah. Ich finde es so traurig, wenn gute Grundgerüste an „Show, don’t tell“ scheitern (eine DER Grundregeln für Autor*innen).

 

„Bruchstücke der Statue prasselten auf seine leblose Gestalt herab.“ (S.567)

Ich will lesen, wie die übrigen Kameraden zu ihm eilen und sehen, ob er den Aufprall überlebt hat! Ich will sie schreien und fluchen hören, wenn sie feststellen, dass er tot ist! Nicht so ein Nebensatz für einen Charakter, der immerhin einen Namen hatte. Puh…

 

Und ich will mehr als plakative, vernünftige Charaktere, ich will mehr Schwierigkeiten, mehr Menschlichkeit, mehr Emotion, sonst bleiben es Namen auf dem Papier, die mit dem nächsten Umblättern vergessen sind.

Insgesamt fand ich die Geschichte wirklich nicht schlecht. Selten hat mich ein Buch so zwiegespalten zurück gelassen. Es gibt viele sehr, sehr gute Punkte und auf der anderen Seite der Waagschale sehr schlechte Punkte. Deshalb pendele ich mich in der Mitte bei drei Seesternen ein.

Fazit:

Coole Ideen, epische Schlachten, eine interessante Welt und viel taktisches und strategisches Vorgehen. Was James Abott wirklich fabelhaft ausführt, wird leider durch viele negative Punkte getrübt. Mechanisch wirkende Charaktere, zu viel Erzählen, zu wenig Erleben und ein unspektakuläres Finale verhindern leider, dass das Buch sein volles Potenzial entfaltet und bleibt dadurch eher durchschnittlich.

Weitere Meinungen:

 


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[…] James Abbott: Höllenkönig […]

Das Buch war gar nicht auf meinem Radar bzw. dachte ich bezogen auf das Cover, es wäre nichts für mich. As ich deine Rezi las, kam sofort ein „Lesen will“ was sich durch deine weiteren Worte jedoch wieder verflüchtigte, schade … Oberflächlich und zu perfekt reicht schon aus, um es nicht mehr lesen zu wollen. Ich will keine Klischeerollen und dies scheint hier etwas so zu sein …

Hab einen mukkelig-sonnigen Sonntag :-*

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