Japan

Reisetagebuch – WWOOF

Wenn ich alles in meinem Leben noch einmal machen könnte, würde ich von Anfang an meine Brillen bei Fielmann kaufen… Und mehr Zeit für WWOOFing einplanen!

Zwei Monate habe ich mit einer japanischen Familie zusammen gewohnt, gelebt und gearbeitet und die Erfahrungen und die Freundschaften, die ich dort aufgebaut habe, gehören definitiv zu meinen liebsten Erinnerungen.

Bevor ich ein bisschen über meine Zeit berichte, möchte ich aber erst einmal ausführlich erklären, was WWOOF ist.

Was ist WWOOF?

WWOOF, Worldwide Opportunities on Organic Farms, bedeutet im Deutschen wörtlich übersetzt: „Weltweite Gelegenheiten auf organischen Farmen“. Das ganze Projekt entstand 1971 in London und wurde von Sue Coppard ins Leben gerufen.

Auf Bauernhöfen und Farmen gibt es reichlich Arbeit und helfende Hände werden immer gebraucht.

Um den organischen Anbau voran zu treiben und die Farmer zu unterstützen überlegte sich Sue dieses Konzept. Klein angefangen wurde die Begeisterung für das Projekt stetig größer und immer mehr Leute schlossen sich an, boten ein Zimmer und Essen gegen Unterstützung.

Heute gibt es mehr als 50 verschiedene WWOOFs weltweit und beide Seiten, sowohl die Hosts(Gastgeber) als auch die WWOOFer(Freiwilligen) profitieren von der Arbeit.

Als WWoofer arbeitet man bei seiner Gastfamilie mit und erhält dafür ein Zimmer und Essen(und einen Haufen Erfahrungen), kein Geld.

Arbeitszeit und Einsatzgebiete variieren heute von klassischen Gemüsefarmen bis hin zu Schulen, Familienhostels und und und.

Wichtig: Man braucht kein spezielles Working Holiday Visum o.Ä., denn man erhält kein Geld für die Arbeit.

Quelle: wwoof.net

Wie funktioniert WWOOF?

Interessierte können sich auf allen WWOOF Seiten kostenlos informieren.

Haben sie sich ein Land ausgesucht, ist ein Mitgliedsbeitrag zu bezahlen, der einmalig ca. 50€ für eine einjährige Mitgliedschaft beträgt.

Erst angemeldet kann man sich die Gastfamilien, die zur Verfügung stehen, auch ansehen.

Die Profile sind umfangreich und beinhalten zahlreiche Informationen über die Familie und die Arbeit. Auch über ihre Lebenseinstellung und über die Wohnsituation – viele Familien möchten nämlich so organ wie möglich leben und ernähren sich vegetarisch oder haben keinen Fernseher.

Außerdem gibt es eine Liste der Sprachen, die die Gastfamilie spricht, eventuelle Haustiere und mitzubringende Gegenstände. Man sollte sich also Zeit nehmen die Profile genau zu lesen.

Hat man eine Familie gefunden, die einem zusagt, so sollte man zuerst einmal in Mailkontakt treten.

Viele Gastfamilien wollen WWoofer, die zumindest ein bisschen die Landessprache sprechen können oder Interesse am Lernen zeigen.

Hat die Gastfamilie ausdrücklich zugesagt und ist ein Termin ausgemacht, so kann man die Kontaktdaten anfordern.

Liste der Länder mit WWOOF Organisationen

Liste der Länder mit Gastfamilien, aber ohne eigene WWOOF Organisation

 

Meine Tipps:

  • Sprache: Auch wenn man die Landessprache nicht spricht, sollte man sich Mühe geben, so viel wie möglich davon zu benutzen. Viele Gastfamilien schreiben zwar, dass sie Englisch oder Sprache XY verstehen, bevorzugen aber doch letztendlich Leute, die die Landessprache ein bisschen können.
  • Planung: Die meisten Gastfamilien haben eine mehrtägige Probefrist, um zu sehen, ob man den Anforderungen entspricht und ob das Miteinander funktioniert. Da immer die Chance besteht, abgelehnt zu werden oder andersherum selbst die Familie nicht zu mögen, sollte man sich vielleicht den ein oder anderen Ersatzort vormerken.  (Achtung: In den WWOOF Regeln steht jedoch, dass man für denselben Zeitraum immer nur mit jeweils einer Gastfamilie Kontakt haben sollte und erst nach einer Ablehnung oder einer Absage eine andere kontaktieren sollte)
  • Andere Länder, andere Sitten: Heutzutage gibt es genug Quellen und Internetvideos, um sich zu informieren, in was für Fettnäpfchen man treten könnte. In einem anderen Land können ganz banale Sachen zur Beleidigung werden. Natürlich kann man nicht alles von Anfang an wissen, Fehler kann jeder machen, aber ein paar grundlegende Informationen sollte man sich doch aneignen.
  • Arbeitskleidung: Gepäckplatz ist bei Reisen in entfernte Länder oft begrenzt, deshalb lohnt es sich vorher, explizit bei der Gastfamilie nachzufragen, ob man sich für den Aufenthalt vielleicht etwas ausleihen kann. Ansonsten einfach billige Kleidung besorgen und dann bei der Abreise der Gastfamilie überlassen.
  • Fleiß und Ehrlichkeit: Wenn man etwas nicht versteht, sollte man es gleich sagen und nicht herum drucksen. Lieber fragt man einmal zu viel, als einmal zu wenig. Die Gastfamilien sind wirklich nett und geduldig und erklären es auch gerne mehrmals. Unzuverlässigkeit oder Unachtsamkeit nehmen sie oftmals sehr persönlich. Verhaltet euch immer respektvoll, schließlich seid ihr Gast. Außerdem wird erwartet, dass ihr für euer Essen und das Zimmer arbeitet und nicht faulenzt, wann immer es geht.
  • Kommunikation: Auch wenn es Sprachbarrieren gibt, man kann sich auch mit Händen und Füßen verständigen und eure Gastfamilie wird das zu schätzen wissen. Beide Seiten profitieren davon und es gibt sicher viel Neues zu erfahren. Falls es ein Problem gibt, solltet ihr das auch ansprechen, schließlich kann niemand Gedanken lesen.
  • Regeln: Bei den meisten Gastfamilien gibt es gewisse Regeln und an dir solltet ihr euch halten. Das ist ein Zeichen von Respekt und sollte selbstverständlich sein.

Mein WWOOF:

Meine Gastfamilie betreibt viele verschiedene Tätigkeiten, im Vordergrund steht aber NPO BLOOM. (Nur auf japanisch verfügbar)

Normalerweise haben sie Schüler oder etwas schwierige Jugendliche bei sich, die ebenfalls bei der Arbeit mithelfen, Schulstoff üben und wieder einen geregelten Alltagsablauf erlernen, um die Schule abzuschließen und nicht weiter auf die schiefe Bahn zu geraten. Als ich dort war, war kein aktueller Schüler da, allerdings kamen die Ehenmaligen oft zu Besuch.(Von denen hab ich ein bisschen Slang-Japanisch gelernt ^_^)

Die Familie besaß zwei kleine Felder und einen Arbeitsraum ein paar Straßen entfernt vom Haus.

Dort gab es kleinere Pflanzen, Setzlinge, Pcs und Papierarbeit. An regnerischen Tagen haben wir dort oft die geernteten Feldfrüchte gesäubert und verpackt, Quittungen sortiert oder ein wenig beim Aufräumen im Haus geholfen.

Bei gutem Wetter waren wir oft auf dem Feld, haben Satoimo ( eine Kartoffelart, die ich in Deutschland noch nie gesehen habe), Zwiebeln, Blumen und Auberginen gepflanzt, Erde umgegraben, Unkraut gejätet usw..

Am meisten Spaß gemacht hat aber das Ausgraben der Bambussprossen. Damit die Bambuswälder nicht zu dicht werden, müssen sie im Jahr mehrmals von den frischen Sprossen befreit werden. Da ausgewachsener Bambus sehr schwer zu schneiden ist, gräbt man die Take no Ko (dt. Bambuskinder) aus der Erde aus. Gekocht, geschnitten und eingelegt gibt es die Bambussprossen auch bei uns in den meisten Supermärkten zu kaufen. Ich für meinen Teil, esse die furchtbar gerne. Umso interessanter war es, selbst auf die Suche danach zu gehen, sie auszugraben und anschließend zuzubereiten.

Zweite Haupttätigkeit der Familie war ein Entrümpelungsservice. Dafür haben wir auch Werbung gestaltet und zusammen mit örtlichen Flyern ausgetragen. Kam dann ein größerer Auftrag sind wir alle zusammen, zu den teilweise bis oben hin vermüllten Häusern und haben alles ausgeräumt, sortiert, weiter benutzbare Sachen verkauft und den Rest zur Müllhalde gefahren.

Die Arbeit war zwar körperlich oft anstrengend, aber neben einer großen Mittagspause, haben wir immer noch jeweils zwei kleinere Teepausen gemacht. Da auch alle gut mitangepackt haben, ging es auch immer recht schnell.

Abends waren wir oft recht müde, doch meine Gastfamilie war wirklich klasse.

Wir haben oft zusammen gekocht, sind noch ins Badehaus gefahren und manchmal haben wir an den Nachmittagen auch Ausflüge gemacht, anstatt zu arbeiten.

Meine Gastfamilie war auch immer gut gelaunt, man hat viel geredet und auch Zeit für ein bisschen Herumalbern gehabt.

Anfangs war die Verständigung noch etwas schwierig, aber das hat sich nach kurzer Zeit gelegt.

Das viele Sprechen hat meinem Japanisch auch wirklich gut getan, auch wenn ich mir wohl ein bisschen Kansaidialekt angewöhnt habe. Ooki ni! (=Arigatou=Danke)

Mein Zimmer war recht klein und ich habe es mir mit einer anderen WWOOFerin geteilt, jedoch war auch das wirklich eine gute Erfahrung und wir haben uns gut verstanden.

 

Ich war total glücklich mit meiner Gastfamilie. Sie waren so lieb, offen und goßzügig und ich habe so viele Dinge gelernt und gezeigt bekommen. Auch die Ausflüge und die Restaurants, in die sie uns manchmal mitgenommen haben, waren wirklich etwas Besonderes. Die Zeit zusammen war wirklich schön. Die Chemie hat wirklich gut gepasst, auch mit meinen Co- WWOOFern gab es eigentlich nie Streit oder Probleme.

Mein Fazit:

Ich habe von den Erfahrungen wirklich profitiert und auch beim Japanisch Lernen hat mir WWOOF unglaublich viel gebracht. Ich würde es jedem weiter empfehlen, denn es ist eine gute Möglichkeit Land und Leute kennen zu lernen. Gerade auch, wenn man nicht so viel Geld hat.

Es gibt wirklich für jede Interesse auch einen Arbeitsplatz, auch für Leute, denen körperliche Arbeit nicht so sehr liegt.

Auch Leute, die mit Farmarbeit vielleicht sonst gar nichts am Hut haben, kann ich nur ans Herz legen, es auszuprobieren.

Ich werde auf jeden Fall noch einmal WWOOF machen und meine Gastfamilie in Yamatotakada besuchen. Und diese Erfahrung hat in mir die Lust geweckt, mehr auszuprobieren und auch das WWOOF Angebot anderer Länder zu nutzen.

Ich danke meiner lieben Gastfamilie für die wundervolle Zeit!

Um auf den Punkt zu kommen: Ich würde jederzeit wieder WWOOF machen!

k

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