Kiara Roth #ProjektArbeitstitel
Mit Kiara Roth habe ich bei #ProjektArbeitstitel quasi eine Kollegin. Auch sie studiert Psychologie! Ob Themen des Studiums auch in ihrem Schreiben auftauchen? Lest selbst.
Ich bin Kiara, bin 25 Jahre alt und studiere forschungsorientierte Psychologie im Master. Ich weiß, dass „ich schreibe, seit ich es kann“ mittlerweile zum Klischeesatz verkommen ist, aber es beschreibt mein Verhältnis zum Schreiben immer noch am besten. Ich kann an keine Zeit zurückdenken, in der ich mein Umfeld nicht mit ausgedachten Geschichten genervt habe. Mit ungefähr 14 Jahren habe ich dann begonnen, mich ernsthafter mit dem Schreiben und dem Schreibhandwerk zu beschäftigen und meinen ersten Roman fertiggeschrieben – davor haben sich etliche Romananfänge angesammelt. Sechs weitere fertige Romanenden folgten auf mein erstes, allerdings habe ich noch nicht alle fertigen Romane überarbeitet.
Bisher habe ich noch keinen Roman veröffentlicht, aber mein Debüt Dem Horizont entgegen wird voraussichtlich dieses Jahr noch erscheinen.
Dem Horizont entgegen und andere Projekte
Welche Projekte sind gerade in Arbeit? Erzähl uns doch ein bisschen davon!
Ich arbeite meistens an mehreren Projekten parallel. Dem Horizont entgegen ist ein Coming-of-Age-Roman, bei dem die Themen Mental Health und Trauer im Vordergrund stehen. Es geht um Leila, die anfängt, ihre tote Schwester zu sehen und in dem Glauben, diese sei ihr Schutzengel, vieles aufs Spiel setzt, um sie bei sich zu behalten.
Vor kurzem habe ich die Rohfassung meines Romans The Years We Lost beendet, ein Jugendbuch und das erste, das ich im weiteren Sinne der Romance zuordnen würde. Auch hier ist Mental Health ein zentrales Thema, genauso wie Mobbing und Freundschaft. Es geht um Marek, der nach jahrelangen Psychiatrieaufenthalten an seine alte Schule zurückkehrt und versucht, die Jahre seiner Jugend, die er verpasst hat, nachzuholen, um Jara und darum, wie die ehemaligen besten Freunde sich wieder annähern.
Das Projekt, das ich zurzeit in der zweiten Runde überarbeite, trägt den Arbeitstitel Lebensrausch. Es ist – richtig geraten – ein Jugendroman. Hier geht es um Enya, die an eine Jugendbande gerät, zu der sie unbedingt gehören möchte, wobei sie sich bald in Gruppenkonflikten verfängt und es ihr immer schwerer fällt, zwischen Richtig und Falsch zu unterscheiden.
Wie schauen die Pläne für dein Projekt aus?
Dem Horizont entgegen wird in den nächsten Monaten in einem luxemburgischen Kleinverlag erscheinen. Für Lebensrausch und The Years We Lost habe ich noch keine konkreten Pläne. Eine Veröffentlichung ist natürlich das Endziel, aber die nächsten Schritte bestehen erst einmal darin, die Überarbeitungen komplett abzuschließen und Exposés zu schreiben. Dann werde ich mir überlegen, ob ich die Projekte Agenturen anbieten möchte oder mir lieber passende Kleinverlage heraussuche und da mein Glück versuche. Noch lieber wäre mir, wenn ein passender Romanwettbewerb auftaucht, aber mal sehen. 🙂
Magst du uns verraten, was für Ideen evtl. noch in der Schublade schlummern?
Wie bereits erwähnt habe ich viele Romananfänge in der Schublade liegen, die ich irgendwann vielleicht neu aufrollen möchte, und natürlich wie wohl alle Autor*innen eine weitere Schublade voller Ideen. Einige davon sind:
– Irrwege, Urban Fantasy über widersprüchliche Wünsche und was sie anrichten können,
– Silberseele 2, eine Fortsetzung meiner Dystopie mit empathischen Androiden und einer Rebellion, die noch keine ist,
– This is not a Love Story, eine Geschichte über Missbrauch, Misstrauen und vielleicht doch ein kleines bisschen Liebe?,
– Namenloser potenzieller NaNo-Roman, irgendwas mit einer App, Gruppendenken, anerkennungsdurstigen Jugendlichen und vielen Eskalationen.
Schreiballtag
Was ist deine größte Herausforderung im Schreibprozess?
Beim Schreiben selbst ist oft der Mittelteil besonders fies, wenn die Anfangseuphorie nachlässt und Selbstzweifel aufkommen. Die Anfänge sind meistens noch gut geplottet, die Motivation für das neue Projekt frisch – und in der Mitte wird es dann wahnsinnig schwer, nicht doch den neuen, viel besseren Ideen zu verfallen.
Auch das Überarbeiten ist eine Sache für sich. Ich gehöre zu den Autor*innen, die prinzipiell gerne überarbeiten. Oft verliebe ich mich erst während der Überarbeitung so richtig in meine Geschichte (während des Schreibens finde ich sie hingegen oft grottig). Allerdings habe ich oft Hemmungen, mit der Überarbeitung überhaupt anzufangen, weil dann mein Perfektionismus einsetzt und ich genau weiß, dass dieser mir vieles erschwert.
(Das Plotten hingegen liebe ich. Das ist der Moment, in dem die Ideen fließen, ich in den Flow gerate und spüre, wie alles entsteht. Ich weiß, das ist nicht die Frage, wollte ich aber auch mal erwähnen. 😊)
Über die Projektarbeit hinaus wird bald meine größte Herausforderung sein, mich in die Buchwelt hinauszuwagen und mich öffentlich zu präsentieren. Am schwierigsten wird es sein, mich meinen Versagensängsten zu stellen und mit den Rückschlägen und Absagen klarzukommen, die wohl alle Anfänger*innen erwarten.
Hast du eine Schreibroutine?
Leider macht die Uni es schwierig, eine richtige Routine in mein Schreiben reinzubekommen. In den Prüfungs- und Projektphasen schreibe ich kaum, während ich am Anfang des Semesters, wenn der Lernstress sich noch im Rahmen hält, mehr an meinen Schreibprojekten arbeite.
Was mir hilft, dennoch an einer gewissen Routine festzuhalten, ist der regelmäßige Austausch mit meinen Schreibfreund*innen, im Autorenforum oder auf Autorenstammtischen. Unter anderem hilft es mir, mir konkrete Monats- und Jahresziele zu setzen. Am liebsten schreibe ich abends nach der Uni oder dem Praktikum, wenn ich einen (ansatzweise) freien Kopf habe.
Welchen Tipp würdest du deinem Vergangenheits-Ich geben, das gerade mit dem Schreiben anfängt?
Mach so weiter wie bisher! Genieß es, wie wenig Gedanken du dir beim Schreiben machst. Erlaube dir ruhig, dich in deinen Geschichten zu verlieren. Nichts muss perfekt sein, aber die Leidenschaft zu behalten, ist das Wichtigste. Ach, aber lass das mit dem Bad Boy-Trope vielleicht doch lieber.
Motivation
Hast du Vorbilder bzw. Menschen, die dich inspirieren und motivieren?
Das eine Vorbild habe ich eigentlich nicht, stattdessen ganz viele oder oft einfach die Autor*innen der Bücher, die ich derzeit lese, von denen man sich fast immer irgendwas abschauen kann. Viele bewundere ich für einzelne Sachen, z.B. John Green für die Dialoge, Ava Reed dafür, wie sie Emotionen zwischen den Zeilen transportiert, Gillian Flynn für ihren bissigen Schreibstil. Nicht zuletzt bewundere ich sehr viele Autor*innen in meinem privaten Umfeld für ihre Zielstrebigkeit, ihre Ideen, ihr Nicht-Aufgeben. Gerade die Werke meiner Autorenkolleg*innen mitverfolgen zu dürfen und zu sehen, wie viele Ideen in uns allen schlummern, inspiriert mich.
Was sind deine Wünsche und Ziele für die Zukunft?
Auf kurze Sicht: Dass tatsächlich ein paar Menschen mein Debüt lesen und dass ich auch für Silberseele, Lebensrausch und The Years We Lost ein Verlagszuhause finde.
Auf lange Sicht: Veröffentlichung in Publikumsverlagen, vielleicht Messeauftritte und Lesungen, im Idealfall die Zusammenarbeit mit einer tollen Agentur.
Auf noch längere Sicht: Mein größter Traum wäre es, mit dem Schreiben eines Tages genug Geld zu verdienen, um nur in Teilzeit arbeiten zu müssen. Im besten Fall könnte ich mich dabei meinen beiden Leidenschaften widmen: der psychologischen Forschung und dem literarischen Schreiben.
Was war dein schönster Autor*innen-Moment bisher?
Leider gibt es (noch?) gar nicht den schönsten Autorinnenmoment bei mir. Zu meinen Erfolgsmomenten zählt, dass ich zwei Mal beim impress-tolino-media-Wettbewerb auf die Long List gekommen bin und dass ich im Finale des luxemburgischen Jugendliteraturwettbewerbs Prix Laurence meinen Text vor Publikum lesen durfte. Am besten allerdings bleiben die Momente, in denen ich mich in meine eigenen Texte verliebe. Das kann beim Schreiben, Überarbeiten oder bereits beim Plotten passieren und gehört zu den unbezahlbarsten und motivierendsten Erfahrungen überhaupt.
Eine kleine Kostprobe…
Ausschnitt aus der Rohfassung von The Years We Lost:
Laut meinen Kalkulationen hätte ich damit rechnen müssen. Zwei gemeinsame Grundkurse mit Marek entsprechen so sehr der durchschnittlichen Wahrscheinlichkeit, dass ich nicht einmal auf das Schicksal wütend sein kann.
Er spricht mich nicht an. Ich ihn noch weniger. Dennoch kommunizieren wir miteinander, mit Blicken, von denen ich gerne behaupten würde, dass sie mehr sagen als tausend Worte. Vielleicht tun sie das auch, doch was bringt das, wenn ich kein einziges davon verstehe? Wir sprechen einander unergründliche Fremdsprachen. […]
»Ich brauche das hier!« Sein Blick wird gehetzter, verzweifelter. »Diese Normalität. Eine entspannte, oberflächliche Party. Es klang so wunderbar.«
»Und wie soll ich dir dabei helfen?« Ich verschränke die Arme.
»Du bist die Einzige in dieser Halle, die mich kennt. Die mich nicht vorverurteilt. Die Einzige, der etwas an mir liegt. Überzeug mich vom Gegenteil und ich haue ab. Doch wenn ich recht habe … Hilf mir, bitte.«
Der Stein in meinem Magen macht sich wieder bemerkbar. Ich will nicht, dass er geht. Ich will auch nicht, dass er bleibt, weil ich keine Ahnung habe, was ich zu ihm sagen soll. Alles fühlt sich falsch und unvollständig an. »Es ist besser, wenn du gehst, wirklich. Du bist mir …« Es fällt mir unendlich schwer, das Wort auszusprechen. »Egal.«
Seine Mundwinkel zucken. Er sieht beinahe erleichtert aus. »Mach mir nichts vor.«
»Warum denkst du das?«
»Das Armband. Du trägst es immer noch.« Er deutet auf meinen Glücksklee. »Das zeigt, dass es eine Lüge ist. Du magst mich vielleicht hassen, aber das ist alles andere als Gleichgültigkeit.«
»Ich hasse dich nicht.« Meine Stimme wird brüchig. Verdammter Glühwein. »Außerdem habe ich mich einfach an das Armband gewöhnt. Ich habe fast schon vergessen, dass du derjenige warst, der es mir geschenkt hat.«
So eine dämliche Lüge.
Flashback. Mein dreizehnter Geburtstag. Meine Eltern streiten, Jamiro und Taynara nerven. Marek hat mir damals den Tag gerettet, nicht nur mit seinem Geschenk, sondern auch mit seinen Umarmungen, seinen tröstenden Worten, seinen Versuchen, mich mit Pinguinvideos aufzumuntern.
Ich habe ihm viel zu verdanken und das kann ich nicht leugnen.
»Also gibst du es zu?« Sein Blick ist eine stumme Herausforderung.
Ich beschließe, sie anzunehmen. Diese Art der Interaktion liegt mir besser als das peinlich berührte Anschweigen. »Okay. Du bist mir nicht egal. Kein Mensch ist mir egal. Lust auf Glühwein?«
Kiara Roth
Bisher sind noch keine Veröffentlichungen vorhanden.
Eine Übersicht aller Teilnehmer*innen findet ihr bei #ProjektArbeitstitel – Was ist das?
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